Seit Januar 2022 gibt es einige Veränderungen in der Pflege auf der Grundlage des „Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ (GVWG) vom Juli 2021.Eine große Pflegereform wurde zwar leider nicht auf den Weg gebracht, aber immerhin gibt es ein paar Verbesserungen und Erleichterungen bei verschiedenen Pflegeleistungen. Wobei genau, finden Sie hier im Überblick:

  • Zuschüsse für Pflegeheimbewohner/innen
  • Neu: Übergangspflege im Krankenhaus (§ 39e SGB V)
  • Ambulante Pflege: Erhöhung der Pflegesachleistungen und Kurzzeitpflege
  • Neu: Erstattungsansprüche bleiben über den Tod hinaus bestehen
  • Neu: Pflegefachkräfte können Hilfsmittel verordnen
  • Neu: Private Krankenversicherungen erheben Corona-Zuschlag für Pflegeversicherung
  • Tarifliche Entlohnung des Pflegepersonals ab September 2022
  • Verlängerung von Unterstützungsleistungen bis 31. März 2022
  • G-BA verlängert Sonderregelungen für häusliche Krankenpflege

Zuschüsse für Pflegeheimbewohner /innen

Bewohner/ innen von Pflegeheimen sind durch den Eigenanteil für die Pflege finanziell stark belastet. Das soll sich ab 2022 für die Pflegegrade 2 bis 5 durch einen Leistungszuschlag zum Eigenanteil an den Pflege- und Ausbildungskosten ändern, der mit der Dauer des Aufenthalts im Pflegeheim steigt. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen werden nach wie vor nicht bezuschusst.

Für Heimbewohner/ innen mit Pflegegrad 2-5 beträgt der Leistungszuschlag

  • innerhalb des ersten Jahres: 5% des Eigenanteils an den Pflegekosten,
  • nach 12 Monaten: 25%,
  • nach zwei Jahren: 45% und
  • nach drei Jahren: 70% des Eigenanteils an den Pflegekosten.

Und:

  • Angefangene Monate in Pflegeeinrichtungen werden als voll angerechnet.
  • Der Leistungszuschlag muss nicht beantragt werden.

Die zuständige Pflegekasse teilt den Pflegeeinrichtungen für jede(n) Bewohner/ in mit den Pflegegraden 2 bis 5 die bisherige Dauer des Bezugs vollstationärer Leistungen mit.

Neu: Übergangspflege im Krankenhaus (§ 39e SGB V)

Ab Januar 2022 gibt es das neu geschaffene Angebot einer bis zu zehntägigen Übergangspflege im Krankenhaus. Auf diese Leistung besteht ein Anspruch, wenn im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt die Versorgung nicht oder nur mit erheblichem Aufwand sichergestellt werden kann. Gemeint ist hier die Versorgung mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege und mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Pflegeleistungen nach SGB XI. Wenn diese Leistungen nicht unmittelbar im Anschluss an die stationäre Behandlung verfügbar sind, können Betroffene in dem Krankenhaus, in dem sie behandelt wurden, für bis zu zehn Tage eine Übergangspflege in Anspruch nehmen.

Tipp:
Fragen zur Übergangspflege frühzeitig klären! Zuständig ist der Sozialdienst des Krankenhauses bzw. die Krankenkasse.

Ambulante Pflege: Erhöhung der Pflegesachleistungen und Kurzzeitpflege

Ein erklärtes Ziel der Pflegereform war die bessere finanzielle Ausstattung der ambulanten Pflege. Das GVWG sieht finanzielle Entlastungen für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 vor, die zuhause durch einen Pflegedienst versorgt werden. Ab dem 1. Januar 2022 steigen die Leistungsbeträge für Pflegesachleistungen und Kurzzeitpflege.

Die Pflegesachleistungsbeträge werden um 5 Prozent erhöht. Das bedeutet

  • bei Pflegegrad 2: 724 Euro statt bisher 689 Euro,
  • bei Pflegegrad 3: 1363 Euro statt bisher 1298 Euro,
  • bei Pflegegrad 4: 1693 Euro statt bisher 1612 Euro und
  • bei Pflegegrad 5: 2095 Euro statt bisher 1995 Euro.

Wer den ambulanten Pflegedienst für die Pflege zuhause nicht nutzt und ausschließlich ohne professionelle Hilfe gepflegt wird, profitiert nicht von der Erhöhung der Pflegesachleistung. Für das Pflegegeld ist 2022 keine Erhöhung vorgesehen.

Die Leistungen der Kurzzeitpflege steigen um 10 Prozent von 1612 Euro auf 1774 Euro pro Kalenderjahr, ohne dass dafür ein gesonderter Antrag gestellt werden muss.

Aber:
Obwohl sich die Leistung in der Kurzzeitpflege erhöht, kann weiterhin nur der jährliche Betrag in Höhe von 806 Euro auf die Verhinderungspflege übertragen werden.

Neu: Erstattungsansprüche bleiben über den Tod hinaus bestehen

Bisher erloschen bestimmte Erstattungsansprüche gegenüber der Pflegeversicherung mit dem Tod des Versicherten, obwohl es sich um vorfinanzierte Leistungen wie etwa Pflegehilfsmittel oder Kosten für Verhinderungspflege, Entlastungsleistungen bzw. wohnumfeldverbessernde Maßnahmen handelte. Ab 2022 bestehen solche Kostenerstattungsansprüche über den Tod hinaus und können innerhalb von zwölf Monaten geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Leistung vor dem Tod des Versicherten erbracht wurde.

Neu: Pflegefachkräfte können Hilfsmittel verordnen

Ab Januar 2022 wird die Beantragung von Pflegehilfsmitteln unkomplizierter, weil Pflegefachkräfte sie selbst verordnen dürfen. Wo bisher der Bedarf vom Arzt festgestellt und verordnet werden musste, reicht also demnächst die Empfehlung einer Pflegefachkraft. Diese Verordnung muss innerhalb von zwei Wochen mit dem Antrag bei der Pflegekasse eingereicht werden.

Neu: Private Krankenversicherungen erheben Corona-Zuschlag für Pflegeversicherung

Vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 erheben private Krankenversicherungen einen befristeten Zuschlag auf den monatlichen Beitrag zur Pflegepflichtversicherung. Der monatliche Mehrbeitrag wird für Privatversicherte 3,40 Euro und für Beihilfeberechtigte 7,30 Euro betragen. Der Zuschlag soll die pandemiebedingten Mehrausgaben durch den gesetzlichen Pflegerettungsschirm ausgleichen.

Tarifliche Entlohnung des Pflegepersonals ab September 2022

Ein wesentlicher Bestandteil der Pflegereform ist die tarifliche Entlohnung des Pflegepersonals durch eine Tarifbindung der Pflegeeinrichtungen. Ab 1. September 2022 werden nur noch solche Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihr Pflege- und Betreuungspersonal mindestens in der Höhe eines Tarifvertrags bzw. einer kirchenarbeitsrechtlichen Regelung entlohnen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit dadurch die Personalkosten und in der Folge auch die Heimkosten steigen werden.

Verlängerung von Unterstützungsleistungen bis 31. März 2022

Im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes hat der Bundestag eine Verordnung erlassen, die folgende Corona-Sonderregelungen für pflegende Angehörige bis 31. März 2022 verlängert:

  • Der Entlastungsbetrag von 125 Euro für Personen mit Pflegegrad 1 in häuslicher Pflege kann auch für andere notwendige Hilfen z. B. durch Nachbarn genutzt werden.
  • Die Pflegegradbestimmung findet wieder vor Ort statt, kann jedoch im Einzelfall auch weiterhin telefonisch erfolgen. Der Wunsch der pflegebedürftigen Person ist zu achten.
  • Die Beratungsbesuche für Pflegegeldempfänger:innen müssen verpflichtend abgerufen werden, dürfen allerdings auch weiterhin telefonisch stattfinden. Arbeitnehmer:innen können sich 20 Tage statt 10 Tage freistellen lassen, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren. Das Pflegeunterstützungsgeld dient als Lohnersatz.
  • Pflegende Angehörige können kurzfristiger und flexibler ihre Arbeitszeit zugunsten der Familienpflegezeit reduzieren.
  • Nicht genutzte Entlastungsbeträge aus 2019 und 2020 verfallen endgültig. Leistungen aus 2021 verfallen auch wieder wie gewohnt im Juni 2022.