Pflegeberatung drei Personen am Tisch

Teil 2. Selbstbestimmt leben

Wenn der MD klingelt
Ein Anruf bei der Pflegekasse, ein Formular ausfüllen – und der Medizinische Dienst oder Medicproof kündigen einen Besuch an. Wie bereitet man sich auf die Begutachtung vor?

Post von der Pflegekasse: Ihr Antrag auf einen Pflegegrad ist eingetroffen. Nun erhalten Sie eine Terminankündigung: Eine Gutachterin oder ein Gutachter vom Medizinischen Dienst (MD) oder Medicproof kommt zu Ihnen nach Hause.

In der Regel nennt das Schreiben einen Zeitrahmen von etwa zwei Stunden für die Begutachtung. Dieser lässt sich zeitlich eingrenzen. Sie können sich telefonisch an den Medizinischen Dienst beziehungsweise der alternativ an Medicproof wenden: Äußern Sie dort den Wunsch, eine Stunde vor dem Termin vom Gutachter angerufen zu werden.

TIPP!
So bereiten Sie sich vor:
  • Sprechen Sie mit Ihrer Hausärztin/Hausarzt sowie mit Fachärztinnen/Fachärzten. Wichtig ist, dass alle Diagnosen erfasst und zum Termin schriftlich vorgelegt werden können.
  • Halten Sie einen aktuellen Medikamentenplan / Medikamentenübersicht bereit.
  • Organisieren Sie eine zusätzliche Person Ihres Vertrauens als Zeugin oder Zeugen für den Termin.
  • Halten Sie bisherige Arzt-, Reha- und Krankenhausberichte parat, idealerweise der letzten zwei Jahre.
  • Sorgen Sie für einen störungsfreien Ablauf: Nehmen Sie keine Telefonate entgegen oder schalten Sie Ihr Telefon/Handy für die Zeit der Begutachtung kurz aus.

So läuft der Termin ab:

Ist der Gutachter bei Ihnen und möchte beginnen, aber Ihre Vertrauensperson ist noch nicht vor Ort, warten Sie, bis alle Beteiligten anwesend sind. Die Gutachter möchten natürlich zeitnah beginnen. Sie haben jedoch das Recht, darauf zu bestehen, dass es erst los geht, wenn wirklich alle Personen anwesend sind. Dies gilt übrigens auch, wenn Sie jemanden vom Pflegedienst, die Hausärztin oder den Hausarzt oder eine Pflegeberaterin oder ein Pflegeberater zum Termin hinzuziehen. Der Zeitrahmen für die Pflegegrad-Begutachtung beträgt etwa 45 bis 60 Minuten.

Der Gutachter arbeitet über sein Notebook / Laptop den von der Kasse vorgegebenen Fragenkatalog für den Pflegegrad mit Ihnen ab. Er erfragt dabei den aktuellen Gesundheitszustand, eventuelle Verschlechterungen und den personell notwendigen, pflegerischen Unterstützungsbedarf.

Sie haben bei allen Fragen die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Schreiben Sie sich vorab auf, was Sie wissen möchten. Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas unklar ist. Lassen Sie sich eine Rückversicherung auf Ihre Antwort geben. Wenn Sie als pflegender Angehöriger am Termin teilnehmen, dürfen Sie sich selbstverständlich auch einbringen: Schildern Sie die Situation, die vorliegenden Einschränkungen und den aus Ihrer Sicht bestehenden Unterstützungsbedarf. Fragen Sie unbedingt nach, wenn Sie etwas nicht verstehen!

So werden Punkte vergeben Insgesamt gibt es acht Module, die für die Feststellung des Pflegegrad von Bedeutung sind. Diese werden unterschiedlich gewichtet:

Pflegebegutachtung

1: Mobilität: Dabei geht es um motorische Aspekte. Zum Beispiel: Kann die betroffene Person allein aufstehen und vom Bett ins Badezimmer gehen? Kann sie sich selbstständig in den eigenen vier Wänden bewegen? Ist Treppensteigen möglich?

2: Kognitive & kommunikative Fähigkeiten: Dieser Bereich umfasst das Verstehen, Erkennen oder Entscheiden etc. (als Denkprozesse). Zum Beispiel: Kann sich die betroffene Person zeitlich und räumlich orientieren? Versteht sie Sachverhalte, erkennt sie Risiken und kann sie Gespräche mit anderen Menschen führen?

3: Verhaltensweisen & psychische Problemlagen: Darunter fallen unter anderem Unruhe in der Nacht oder Ängste und Aggressionen, die für die pflegebedürftige Person, aber auch für ihre Angehörigen belastend sind. Auch wenn Abwehrreaktionen bei pflegerischen Maßnahmen bestehen, wird dies hier berücksichtigt.

4: Selbstversorgung: Kann die Antragstellerin oder der Antragsteller sich zum Beispiel waschen und anziehen, selbstständig die Toilette benutzen sowie essen und trinken?

5: Bewältigung & Umgang mit therapie- & krankheitsbedingten Anforderungen / Ängsten: Die Gutachterin oder der Gutachter schaut, ob die betroffene Person zum Beispiel Arzneimittel selbst einnehmen, den Blutzucker eigenständig messen, mit Hilfsmitteln wie Prothesen oder Rollator umgehen und eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt aufsuchen kann.

6: Gestaltung von Alltagsleben und sozialer Kontakte: Kann die betroffene Person zum Beispiel ihren Tagesablauf selbstständig gestalten? Kann sie mit anderen Menschen in direkten Kontakt treten oder die Skatrunde ohne Hilfe besuchen?

Darüber hinaus bewerten Gutachterinnen und Gutachter die außerhäuslichen Aktivitäten und die Haushaltsführung. Die Antworten in diesen Bereichen werden nicht für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit herangezogen, weil die hierfür relevanten Beeinträchtigungen schon bei den Fragen zu den sechs Lebensbereichen mitberücksichtigt sind. Die Antworten können aber dabei helfen, besser beraten zu werden.

Warten auf die Post

Der Gutachter rechnet abschließend die Punkte anhand einer Tabelle für den Pflegegrad zusammen. Er ermittelt einen Wert, in dessen Spanne ersichtlich ist, wie Ihr aktueller Pflegegrad zu werten ist. Das Ergebnis für den Pflegegrad erhalten Sie schriftlich per Post in der Regel innerhalb von drei Wochen. Der Gutachter wird Ihnen vor Ort keine Auskunft geben, zu welchem Ergebnis er gekommen ist! Er wertet, das Gutachten erst im Büro aus. Die Erfassung der Informationen ist nur der Teil des Gutachtens. Sie müssen also warten, bis Sie benachrichtigt werden.

Nun heißt es auf die Post warten: Innerhalb von 25 Arbeitstagen bekommen Sie entweder eine Ablehnung Ihres Antrags oder eine Bewilligung von Leistungen. Übrigens kann Ihrem Antragsbescheid eine Empfehlung zu einer Rehabilitationsmaßnahme beiliegen, wenn die Pflegebedürftigkeit dadurch verbessert werden kann. Wird der Pflegegrad befristet, sollte genau geprüft werden, ob diese Befristung angemessen ist. Scheuen Sie nicht davor zurück, Widerspruch einzulegen!

Widerspruch einlegen

Entspricht der Pflegegrad nicht Ihren Erwartungen oder wurde eine Einstufung ganz abgelehnt, können Sie innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen. Es ist sinnvoll, dazu das Gutachten des MD vorliegen zu haben. Sie sollten es daher anfordern. Der Widerspruch erfolgt schriftlich und kann sofort nach Erhalt des Leistungsbescheides erfolgen: „Ich widerspreche dem Bescheid über meinen Pflegegrad vom… Eine nähere Begründung übersende ich Ihnen später.“

Nur Mut: 35 Prozent der Gutachten für den Pflegegrad stellen sich als unzureichend heraus. Ein Widerspruch lohnt sich daher auf jeden Fall. Nach dem formlosen Widerspruch setzen Sie sich am besten mit einer erfahrenen Person oder einer Pflegeberaterin/Pflegeberater in Verbindung.

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